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Kaufland baut um: Bitte folgen Sie dieser Farbe unauffällig zur Käsetheke

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Obwohl erst noch der kalendarische Winteranfang auf dem Plan steht, hat sich Kaufland ohne Rücksprache mit selbigem bereits in eine unerhört farbenfrohe Frühlingsklamotte geworfen und trägt neuerdings Orange-Gelb-Braun-Grün-Hellblau-Schwarz-Türkis-Flieder. Im “Tip der Woche” zum Beispiel, der mit der Vorwochen-Ausgabe dem neuen reduzierten Design des Großflächen-Discounters angepasst wurde. Ebendort äußerte sich Kaufland auch zum ersten Mal gegenüber seinen Kunden zur bevorstehenden Rundum-Erneuerung:

“Liebe Kundinnen, liebe Kunden, wir möchten, dass Sie bei uns immer ein angenehmes Einkaufserlebnis haben. Deshalb haben wir einiges für Sie optimiert.”

“Einiges” im Sinne von: fast alles. Der “Tip” zum Beispiel heißt gar nicht mehr “Tip” und ist von der bisherigen Rumpeligkeit weit entfernt, drinnen sollen “selbsterklärende Symbole” für Übersichtlichkeit sorgen – Quadrate mit stilisierten Zeichen, die für eine bestimmte Kategorie stehen: ein Brot, ein Apfel, ein Laib Käse, eine Kaffeetasse usw.

Auch in den Filialen kündigt sich die Umstellung an: Seit einigen Wochen hängt dort bereits das – ebenfalls entgitterte – neue Logo der Eigenmarke “K-Classic” auf den Preisschildern. (Auf den Verpackungen lässt es sich scheinbar noch Zeit; wenn Sie eins entdeckt haben, schreiben Sie’s doch unten in die Kommentare!)

Wer ganz genau wissen will, wie Kaufland sich seine Zukunft vorstellt, besucht aber am besten einen der modernisierten Märkte, in denen das neue Design bereits zu sehen ist – zum Beispiel in Strausberg bei Berlin. Der Markt in dem 26.000-Einwohner-Städtchen in Brandenburg ist kein edler Prototyp wie ihn Konkurrent Real gerade in Krefeld auf die Wiese gestellt hat, sondern ein ziemlich durchschnittlicher Riesendiscounter. Und genau deswegen wunderbar geeignet, das neue Konzept auf Alltagstauglichkeit zu prüfen.

Bitteschön, hier sind die wichtigsten Neuerungen:

Das Logo

Draußen am Markt hängt – wie angekündigt – das quadratisch gepresste neue Kaufland-K und gibt sich mit viel Weißraum und ohne überflüssige Rahmen große Mühe, so schick auszusehen, wie das an einem novembrigen Dezembertag eben möglich ist.

Die Parkplatzeinfahrten säumen neue Säulen mit Öffnungszeiten und Backversprechen, ganz so, wie’s die Discount-Schwester Lidl vorgemacht hat.

Die Holztheken

Wenn Sie demnächst ein Barhöckerchen zum Einkaufen bringen und an Ort und Stelle ein Fässchen Bier erstehen, könnte sich der Samstagseinkauf zu einem urigen Frühschoppen entwickeln – zumindest lädt der mit hellem Holz verkleidete Empfangstresen doch sehr dazu ein, die darüber hängende Verpflichtung “Wir helfen Ihnen gerne weiter” ernst zu nehmen, sich dranzulehnen und augenblicklich mit einem frisch gezapften Pils weiterhelfen zu lassen.

Die Holzverkleidung ist zugleich Kauflands neuer Standard für die üppig mit LED-Monitoren behängten Bedientheken, zum Beispiel bei Wurst und Käse (siehe Galerie oben) und ist ein hervorragender Ersatz für das Fototapeten-Ensemble, das viele alte Märkte in der Thekennachbarschaft noch verschandelt.

Selbst der Brötchenknast sieht in Baumoptik gleich viel heller und freundlicher aus.

Erst wenn man ein paar Schritte zurück geht, fällt auf, wie massiv Kaufland den Platz für die Brötchen-Selbstbedienung ausgedehnt hat, sicher ebenfalls inspiriert von Lidl. Die Aufbackautomaten stehen nicht mehr zwischen den Regalen im Laden rum, sondern sind endgültig hinter die Regale verlagert worden, in die Mitarbeiter hinten die Backwaren reinkippen können, die vorne von Kunden den Kunden rausgerüttelt werden. (Zur Erinnerung: das sah mal so aus.)

Das Symbol- und Farbleitsystem

Das zentrale Element des neuen Ladendesigns sind die zuvor genannten Symbolquadrate, die auch Wände und Regale im Markt schmücken. Jedes Sortiment ist durch eine klare Farbe vom benachbarten abgegrenzt. Apfelgrün grüßt zum Beispiel die Obst- und Gemüseabteilung …

… die sich mit ihrem Lampenschmuck und den holzverkleideten Warenböcken am Design orientiert, das Kaufland schon vor einem Jahr bei der Neueröffnung des ersten Frankfurter Markts umgesetzt hat (siehe Bildergalerie oben).

Käsegelb leitet Kunden zu den Molkereiprodukten, Weinrot natürlich zum Wein, die komplette Tiefkühlkost in frostiges Blau zu tauchen, haben sich die Ladendesigner dann aber glücklicherweise doch nicht getraut.

Dafür hängen über der Aktionsfläche mit den Wochenangeboten dreidimensionale !-Symbolwürfel in schlichtem Schwarz.

Sonderlich originell ist das alles nicht – aber deutlich undeprimierender als die bisherigen Marktdesigns. Noch dazu ist die Farbkennzeichnung in Strausberg tatsächlich eine gute Hilfe, um sich schon von weitem zu orientieren. Wenn man erstmal gelernt hat, dass es in der grünen Ecke nicht raus in den Garten geht, sondern bloß in die Getränkeabteilung.

Gewöhnungsbedürftig ist das sanfte Türkis, in das Kaufland seine Drogerieabteilung tunkt, für die zugleich eine aufwändigere Präsentation der Sonderangebotsware an den Regalköpfen erdacht wurde: den Windelschlitten (bzw. Duschgelschlitten, Rasierschaumschlitten usw.).

Die Discount-Absicherung

Dass Kaufland damit freundlicher als bisher aussieht, aber nicht wirklich edel, ist 1. kein Kunststück und 2. höchstwahrscheinlich Absicht – denn mindestens ebenso wichtig wie das Signal, ein klein bisschen moderner zu werden, ist die ebenfalls per Werbeprospekt transportierte Zusicherung:

“Bei allen Veränderungen können Sie sich aber auf eins verlassen: Der Preis bleibt immer günstig!”

Um treuen Kunden nicht zuviel Veränderung auf einmal zuzumuten, verzichtet die Kette zum Beispiel auch im neuen Design nicht auf klassische Discount-Elemente wie den neonfarbenen Sonderpreisschilderwald am Kühlregal. Schauen Sie nicht zu lange hin, sonst: Augenschaden.

Die Selbstdarstellung

Das neue hellere Kaufland-Rot wird in Strausberg gut dosiert eingesetzt. Kann aber auch sein, dass bloß die Farbe aufgebraucht war, als die Marktpassage für die neue “Das ist Kaufland”-Darstellung zu Ende gestrichen war. Dort sagt die Kette ihrer Kundschaft weiter “Beste Qualität”, “Große Auswahl” und “Einfachen Einkauf” zu.

Wenn Sie sich, um das genauer zu studieren, bitteschön an diesen Snack-Tisch hier vorne stellen könnten?

Im Foyer hat sich der renovierte Markt ein hölzernes Regionalitätstäfelchen neben die Toiletten-Schleuse und den LED-Angebotsmonitor gehängt, auf dem Erzeuger aus der Gegend ihr Glück gar nicht fassen können, Lebensmittel für die einkaufenden Brandenburger produzieren zu dürfen. Das “Gutes aus der Region”-Herzchen taucht auch im Laden wieder auf.

Die Kassen

Richtung Ausgang hat sich im Vergleich zu bisherigen Märkten am wenigsten verändert – wenn man mal von den Schwimmbrettern absieht, die über dem jeweiligen Kassenband wahlweise rot oder grün aufleuchten, um zu signalisieren, welche Kasse für Ansteller geöffnet ist (siehe Bildergalerie oben).

Selbstbedienungskassen gibt’s auch, und zwar deutlich modernere Varianten als in Metros Markthalle. Wenn die SB-Zone in den renovierten Märkten zum Standard wird, wäre Kaufland die erste deutsche Handelskette, die ihren Kunden filialübergreifend das Selbstabkassieren anbietet.

(Charmante Anweisungen vom Kaufland-Personal gibt’s kostenlos dazu: “Können Sie das?”, fragte ein älterer Herr bei meinem Ladenbesuch die Kassenaufsicht mit einem Fingerzeig auf den seltsamen Automaten, und die brandenburgte freundlich zurück: “Es wär’ besser, wenn Sie’s können.”)

Das Fazit

In erster Linie ist das neue Kaufland-Design eine deutliche Verbesserung des bisherigen rot-beigen (und später anthrazitfarbenen) Status Quo.

Und in zweiter ein fast schon dreister Angriff, insbesondere auf den Supermarkt-Wettbewerber Rewe mit seinem nicht mehr ganz so neuen Center-Konzept (siehe Supermarktblog). Dank der Komplettumbauten runtergekommener Ex-Toom-Märkte positioniert sich Rewe zwar noch anderthalb Kategorien hochwertiger. Regelmäßigen Kunden dürften aber schnell die Gemeinsamkeiten mit den neuen Kaufländern auffallen: die Holzvertäfelungen, die Symbolwürfel, die regionalen Zulieferer auf der Tafel im Eingangsbereich. Rewe kann’s als Kompliment nehmen. In jedem Fall rückt nach Lidl nun auch Kaufland ein gutes Stück in Richtung Supermarktdesign.

Noch dazu ist der umgebaute Markt in Strausberg sehr viel durchlässiger geworden und unterbricht die Regalreihen immer wieder für Durchgänge, um Kunden die Wahl zu lassen, wie sie ihre Runde im Markt drehen wollen, anstatt einen festen Weg vorzugeben.

Die gute Nachricht für die Supermärkte ist: Unter Druck setzen kann Kaufland die meisten Wettbewerber damit zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr – bis auf Real vielleicht, das mit seinem Essener Designkonzept (trotz deutlicher Ähnlichkeiten wie dem Farbleitsystem) dagegen fast schon wieder alt aussieht.

Für Kaufland ist es aber genau der richtige Schritt zum richtigen Zeitpunkt.

Fotos: Supermarktblog

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